Tobias hat von seinem Vater eine neue Niere bekommen
Du hast die Nase deines Vaters. Oder: Das sind die Augen deiner Mutter! So was in der Art hat bestimmt auch schon mal jemand zu dir gesagt. Damit meinen die Leute, dass du deiner Mutter oder deinem Vater in gewissen Körperteilen sehr ähnlich siehst. Wenn man aber über Tobias aus Köln sagt: „Du hast die Niere deines Vaters“, dann ist das genauso gemeint. Denn der Zehnjährige trägt wirklich eine Niere seines Vaters im Körper! Wie das sein kann? Tobias hat eine besondere Krankheit. Und als es ihm sehr schlecht ging, hat sein Vater ihm eine seiner beiden Nieren gespendet. Wie das funktioniert, berichtet Duda dir. Übrigens: Tobias möchte nicht so gerne erkannt werden. Deswegen zeigen wir kein Foto von ihm.
Was sind die Nieren?
Die Nieren ist ein wichtiges Organ im Körper, normalerweise hat ein Mensch zwei davon. Sie sehen aus wie Bohnen und liegen rechts und links neben der Wirbelsäule, ungefähr dort, wo dein Brustkorb endet. Die Nieren sind so etwas wie das Klärwerk deines Körpers: Wenn das Blut durch die Nieren fließt, filtern sie es. Eine gewisse Menge an Wasser und gute Stoffe fließen danach mit dem Blut weiter durch den Körper. Überschüssiges Wasser und giftige Stoffe filtert die Niere heraus und leitet sie in die Blase. Wenn du Pipi machst, scheidest du diese Stoffe einfach aus. Damit alles klappt, sitzen in jeder Niere sehr viele winzige Filter.
Was hat Tobias für eine Krankheit?
Die winzigen Filter sind das Problem bei Tobias: „Meine Nieren konnten nicht mehr so gut filtern“, erklärt er. Dadurch wurden gute Stoffe, die er dringend brauchte, ausgeschieden. Dass die Filter bei ihm nicht so lange gut arbeiten würden wie bei anderen Menschen, ist schon im Bauplan seines Körpers festgehalten. Festgestellt hat es ein Arzt, als Tobias etwa vier Jahre alt war. Doch lange Zeit ging es ihm gut. „Ich hatte keine Schmerzen und konnte ganz normal zur Schule und zum Sport gehen.“ Tobias spielt Fußball und Eishockey. Trotzdem haben die Ärzte regelmäßig Tobias Blut kontrolliert. Mit etwa sieben Jahren wurden seine Werte schlechter. „Dann habe ich ein Medikament bekommen – das hat auch erstmal gewirkt.“
Warum hat Tobias eine neue Niere?
Doch Anfang 2020 stellten die Ärzte fest: Tobias Werte werden immer schlechter, das Medikament hilft nicht mehr. Deswegen sollte Tobias eine neue Niere bekommen. Denn Ärzte können einem Menschen eine seiner beiden Niere herausnehmen und sie einem kranken Menschen einsetzen. Das nennt man Transplantation. Ein Mensch kann auch mit nur einer Niere gut leben. Damit aber alles klappt, muss die neue Niere zum Körper des Patienten passen. Zum Glück hätte bei Tobias sowohl die Niere seines Vaters als auch die seiner Mutter gepasst. Tobias Vater erzählt: „Ich habe sofort gesagt: Ich gebe Tobias eine meiner Nieren ab.“
Wie lief die Operation ab?
Im Herbst 2020 ging es Tobias dann plötzlich sehr schlecht. Deswegen wurden er und sein Vater im Dezember in der Kölner Uniklinik operiert. „Zuerst war Papa dran“, erzählt Tobias. „Ihm wurde eine Niere entfernt. Dann wurde ich für die Operation fertig gemacht.“ Der Vater wurde vier, Tobias fünf Stunden lang operiert. Dabei setzten sie Tobias die Niere seines Vaters ein. Die Niere kommt dabei aber nicht an die Stelle der alten Niere, sondern wird im Becken eingesetzt. In dieser Operation musste auch eine seiner Nieren entfernt werden. Die zweite eigene Niere wurde ein paar Wochen später entfernt, da diese noch Probleme machte. „Nach der Operation hatte ich schlimme Schmerzen, aber nach drei Tagen ging es besser“, erzählt der Zehnjährige. Zuerst war seine Mama bei ihm im Krankenhaus, später, als es dem Vater besser ging, zog er in Tobias Krankenzimmer ein. Seine kleine Schwester war in der Zeit bei den Großeltern.
Wie geht es den beiden heute?
Heute geht es Tobias und seinem Papa gut. Einmal pro Jahr wird der Vater untersucht. Er sagt: „Ich habe eine Narbe am Bauch, sonst merke ich gar nicht, dass ich nur noch eine Niere habe.“ Tobias hingegen musste nach der Transplantation zunächst wöchentlich zur ausführlichen Untersuchung. Mittlerweile haben sich die Abstände aber auf alle fünf Wochen verlängert und werden mit der Zeit immer weiter ausgedehnt. Der Zehnjährige wird sein Leben lang auf einige Dinge achten müssen: „Ich muss genug trinken, mindestens zwei Liter am Tag“, sagt er. Denn damit die neue Niere gut funktioniert, muss sie immer genug Wasser zum Spülen und Filtern haben. Manchmal vergisst er das Trinken aber auch. „Dann erinnern Mama und Papa mich.“ Am liebsten mag er Sachen, die nicht sprudeln, so wie Eistee.
Nimmt Tobias Medikamente?
Außerdem nimmt er morgens und abends besondere Medikamente ein. Die sorgen dafür, dass sein Körper nicht denkt, die neue Niere wäre ein Fremdkörper und müsste bekämpft werden. Das ist gut. Doch gleichzeitig sorgt dieses Medikament auch dafür, dass Tobias Immunsystem, also die Abwehrkräfte seines Körpers, schwächer sind. „Im letzten Jahr bin ich aber nicht häufiger krank geworden als sonst.“ Trotzdem kann es passieren, dass die neue Niere in Tobias Körper irgendwann nicht mehr funktioniert. Dann müsste er noch mal eine Niere von einem anderen Menschen eingesetzt bekommen. Bis dahin erinnert ihn die 15 Zentimeter lange Narbe an seinem Bauch aber daran, dass er ein Organ seines Papas in sich trägt. „Das ist gleichzeitig komisch und cool“, findet Tobias.
Was ist eine Dialyse?
Menschen, die kranke Nieren haben, aber niemanden finden, der ihnen eine Niere spenden kann, gehen oft zur Dialyse. Die Dialyse ist eine Maschine, die die Arbeit des Körpers übernimmt: Das Blut wird aus dem Körper durch die Maschine geleitet und dort gefiltert. Dann kommt es „sauber“ zurück in den Körper. Drei Mal pro Woche muss das gemacht werden, der Vorgang dauert fünf Stunden. Ganz schön lange! Auch wenige Kinder müssen schon zur Dialyse. Dafür gibt es eine besondere Station für Kinder an der Uniklinik Köln.
Von Angela Sommersberg
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